Afghanistan und Trauma- Wunden heilen

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Bamyian city, Bamyian Province, Afghanistan – November 14, 2010: Four Afghan women in blue and black burqa walking on dirt path in barren land

Aus Afghanistan gibt es nach wie vor verstörende Berichte über Fluchtversuche, gelungene und misslungene. Überall spricht man von Überraschung, dass die stramm geführten Taliban ohne Hindernisse das gesamte Land, einschließlich der trainierten Soldaten, Polizisten, Waffen-Spezialisten, Militär-Strategen, die sich den Taliban ergeben haben, übernehmen konnten, Milliarden Hilfen, jetzt in den Händen der Taliban einschließlich gut ausgebildetem Personal und hoch-technologisiertem Kriegsmaterial an sich reißen konnten. Auf einen Streich!

“Es war einmal”- oder nicht? So beginnen afghanische Märchen. Es war einmal diese legendäre Stadt Kabul, wo eine Bohéme entstand, in der die Frauen Miniröcke trugen und die uralte Kultur sich durchlässig zeigte für die jüngeste.” schrieb Roger Willemsen in “Afghanische Reise”.

Aktuell sind es nur wenige der ca 40 Millionen Afghanen, die seit neuestem im Ausland unterkommen, sie werden durch eine Odyssee der Bürokratie gestoßen, um dann als Ausländer auf Almosen angewiesen zu bleiben.

Zurück nach Afghanistan geht es wohl nicht mehr so schnell. Zu ungewiss und zu unsicher.

Vor Jahren schon haben wir für Menschen aus Afghanistan Trauma-Bewältigungsseminare durchgeführt. Immer wieder drohten den Menschen dort, dass sie Opfer von Anschlägen werden oder bereits Opfer geworden waren. Die „Safe houses“ waren schon lange nicht mehr sicher.

Aber viele von ihnen wollten und wollen zurück, für sie war und ist Afghanistan ein buntes, ein kulturreiches Land verschiedener Ethnien.

Die Frage gegenwärtig stellt sich dennoch nach der physischen Wiederherstellung der Sicherheit der ausgeflogenen oder geflohenen Menschen und damit auch nach ihrer persönlichen emotionalen Bewältigung ihrer Traumata.

Trauma steht für Ereignisse, die außerhalb der gewöhnlichen Erfahrung liegen und plötzlich und unerwartet auftreten, die Handlungsspielräume massiv einschränken. Einher geht das mit Lebensbedrohung, körperlichen und seelischen Schäden. Beispielsweise Zeuge von Ermordungen, Gewaltanwendung, Todesdrohungen, Explosionen geworden zu sein, beschädigt die innere und physische Sicherheit der Menschen.

Deshalb ist es wichtig, danach zu fragen: Wird es „Erste Hilfe für die Seele“ mit Schutz und persönliche Stabilisierung geben, Unterstützung zur Bewältigung der Angst, der Traumata geben? Werden die Flüchtlinge Behandlungen bekommen oder jede Nacht die Schüsse hören, die Toten sehen und sich alleingelassen bleiben und sich ohne Unterstützung um ihre Zurückgebliebenen sorgen? 

Viele soziale Institutionen und Integrationseinrichtungen in meinen Interviews versichern mir, dass sie solche Beratungs- Angebote für Menschen mit Posttraumatischen Belastungsstörungen haben.

Ob es reicht? Diese Fragen stellen sich viele Menschen gerade.

Aus Afghanistan selbst kommen auch andere Stimmen, die aber für Afghanen in einem umgrenzten Gebiet gelten könnten:

“Das totale Dämonisieren der Taliban ist falsch.” , sagte Reinhard Erös, der sich schon seit 30 Jahren in Afghanistan mit seiner Initiative “Kinderhilfe Afghanistan” engagiert. Er hat in den letzten 20 Jahren 30 Schulen in von Taliban dominierten Provinzen gebaut .

(aus Interview mit Dr. Erös, www.welt-sichten, veröffentlicht 21.08.2021)

Junge Frauen

Ob man diese Frauen heute noch so unbeschwert antreffen kann?

Unsere Aufmerksamkeit sollte deshalb auf die internen Vertriebenen und die ausgeflogenen Personen gerichtet bleiben. Man sollte beim Auswärtigen Amt, bei den Hilfsorganisationen nachfragen, was sie diesen Menschen, ihren ehemaligen Ortskräften zur Trauma-Bewältigung anzubieten haben.

Damit wir bald wieder solche unbeschwerten Kinder sehen können.

Demnächst erfahren Sie mehr, wie auch Sie Afghanische Frauen und Kinder begleiten können. Wir denken dabei nicht nur an Trauma Begleitung, sondern auch an die Kulturschätze, die die Menschen aus Afghanistan zu uns bringen, wie Kunst, Poesie und Musik in Ausstellungen und Lesungen sicht- und hörbar zu machen.

Literaturempfehlung heute: Ghulam Nadia Das Geheimnis meines Turbans: Als Junge verkleidet unter den Taliban, 2021, Roger Willemsen, Afghanische Reise, 2016 , 5. Auflage)