Jetzt gleicht dem Nachher.
Das Nachher ist Teil des Jetzt.
Manche denken jetzt darüber nach, was der Verlust des Händeschüttelns etymologisch und für die Menschheitsgeschichte bedeuten könnte. Forscher, Historiker werden bemüht. Aber tatsächlich schüttelt niemand seit längerer Zeit Hände.
Sechs Wochen im “Alarmzustand” erscheinen einem wie sechshundert Tage mit Schweigen um einen, mit Stille in und um einem. Nein, nicht wirkliche Stille, denn man hört ohne Unterlass sein eigenes Blut und die unterirdischen Abwässer-Kanäle rauschen. Man entkommt diesem Strömen nicht, sie füllen die Ohren, das Gehirn. Ohne Unterlass, ohne Pause. Wenn man sich darauf konzentriert, wird man verrückt. Denn es gibt kaum eine Chance des Entrinnens, man hört es, hört es, hört es. Unendlich.
Abstellen oder unterbrechen geht nicht, vielleicht kurz mal laut singen, schreien oder brummen. Einer Natur-Gewalt, dem man damit nur in kleinen Momenten etwas entgegensetzen kann.
Vom Garten oder Balkon gibt es kleinste Variationen des Sehens, eine Wolke, die aufzieht, sich durch den Wind zerreißen lässt. Sich änderndes Licht auf den Bergen, über dem Meer, das hätte die Impressionisten mit ihren Pinseln beflügelt.
Aber mich? Ich sehe es und sehe es nicht, es macht müde und glücklich zugleich, den vielen winzigen Unterschieden folgen zu wollen. Eine Kniebeuge auf und ab und schon sieht der Berg anders aus. Herrlich, schrecklich und gleichzeitig erfüllend. So viele Farben, überwältigend. Unsere Alltagssprache hat nicht genügend Worte für die unendlichen Variationen von blau und weiß -Tönen bereit. So genießen wir diesen Ausblick sprachlos.
Zum Jetzt im Nachher zurück – Gedanken im Jetzt: Wie wird es sein, wenn man wieder mit Menschen und ihren Geräuschen, der Flut ihrer wochenlang zurückgehaltenen Worte, ihrem Lachen, ihrem Humor begegnen wird, ihren Gerüchen, ihren Kleidungen mit unterschiedlichsten Farbexplosionen. Werden sie uns umwerfen, überwältigen wie einem ausgetrocknetem und fast verhungerten Wüstenirrling oder in einen Rausch von Glück, Wohlbefinden und neuer Sprachlosigkeit ob all der Reichtümer der Begegnungen herumwirbeln lassen?
Glück ist es und wird es sein.